Sektions-Kurs: Mehrseillängen-Routen klettern – Gewusst wie!

Im Juni 2022 konnte ich mit 4 Teilnehmern/innen (2 Seilschaften) einen Kurs zum sicheren Durchsteigen und Sichern von MSL-Routen durchführen.

Es hat sich gezeigt, dass es sehr sinnvoll ist, 2 „Theorieabende“ an der Hallenwand durchzuführen und erst danach einen Praxistag am Fels.

Ich habe für den theoretischen Teil schon vor längerer Zeit zusammen mit unserem damaligen Hallenwart im Kletterzentrum einen „Standplatz“ in halber Wandhöhe eingerichtet, der sich dafür sehr gut eignet.

Für die praktische Umsetzung des “auf sicherem Boden” Gelernten war es dann notwendig eine Felsroute zu finden,  die
– gut erreichbar ist (Fahrgemeinschaft)
– mehrere Seillängen hat
– gut abgesichert, nicht zu schwer und mit Standplätzen ausgerüstet ist
– sich zum Abseilen eignet

Der Unterschied beim Durchsteigen von MSL-Routen gegenüber reinem Sportklettern besteht neben dem erhöhtem psychischen Anspruch in Aspekten wie
– Standplatz
– Fixpunkt Sicherung
– Sicherungstechnik
– Vor- und Nachstieg sichern (Wechselführung)
– Abseilen (nicht Ablassen!)
Dementsprechend wurden in der Halle in drei Schritten zuerst demonstriert, dann am Boden geübt und schließlich an der Kletterwand umgesetzt, wie ein Standplatz aussieht, wie Vorsteiger/in sich an einer Standplatzschlinge mit Zentralring (weiches Auge) selbst sichert und den Partner/in dann von oben nachholt sowie dessen weiteren Vorstieg vom Standplatz aus sichert.

Meiner Erfahrung nach ist,  auch um Zeit und Kraft zu sparen, anders als vom DAV Lehrteam empfohlen, eine bereits am Gurt befestigte Standplatzschlinge sinnvoll (also nicht nur lose um die Schulter gelegt) wie auch die Verwendung der HMS-Sicherung (kein Tube mit Plattenfunktion).

Was ebenfalls von Bedeutung für einen reibungslosen und schnellen Ablauf ist,  sind korrekte, spezifische Seilkommandos und das situationsgerechte Lagern des Seils am Standplatz.

Mir war es wichtig, auch Verhaltensmöglichkeiten in Situationen “durchzuspielen”, die ein gewisses Gefahrenpotenzial beinhalten.  Dazu gehören:
Das Verklemmen des Seils beim Abziehen…
Das Verlieren des Abseilgerätes….
Das Nichterreichen des nächsten Abseilstandes.

Ein Zitat von Reinhard Karl sagt: “Am Gipfel bist du erst im Tal!”
Für unseren Kurs bedeutete dies, dass größter Wert auf korrekte Handhabung und sinnvolle Abläufe beim Abseilen gelegt wurden.
Denn gerade hier lässt häufig die Konzentration nach,  werden folgenschwere Fehler gemacht, oder man verliert unnötig Zeit.

Als Übergang von der Theorie zur Praxis (von der Halle an den Fels)  wurden weiterhin das

„Lesen”  eines Topos eingeführt und geübt sowie das Planen eines passenden Risiko-und Zeitmanagements.

Wenige Tage später fand dann der “Praxistest” am Fels statt.
Bei brütender Hitze stiegen beide Seilschaften durch die “Egerkingerplatte” (etwa 4+, 5SL) und kamen auch wohlbehalten wieder unten bei den ersehnten Trinkflaschen an!

Den Nachmittag verbrachten wir dann temperaturbedingt im Schatten des Klettergebietes, wo sich auch zeigte, dass eine 5c mitunter ganz schön happig sein kann.

Danke euch,  die ihr dabei wart!
Gerne werde ich diesen Kurs im nächsten Jahr wieder anbieten.

Hans-Jürgen Reiter