Jugendtour “Stubaier Höhenweg” vom 25. August bis 1. September 2025
Tag 1 – Anreise und Aufstieg zur Starkenburger Hütte
Am 25.08. starteten wir früh um 5:45 Uhr am Bahnhof in Karlsruhe. Über München und Innsbruck ging es mit dem Stubaitalbus hinein ins Tal nach Neustift. Schon während der Fahrt konnten wir die ersten Gletscher bestaunen, was die Vorfreude steigerte. Nach einem kurzen Abstecher zum Supermarkt, um unsere Wasservorräte aufzufüllen, wanderten wir gegen 13 Uhr endlich los.
Der Anstieg stellte sich gleich als erste Herausforderung heraus: bei praller Sonne ging es in 40° Hangneigung nach oben. Durch Pausen, reduziertes Tempo und die Hilfe unserer Wanderstöcke meisterten wir auch dieses Stück – und merkten, dass wir anspruchsvollen Etappen durchaus gewachsen sind. Nach 1.200 Höhenmetern und 5 Kilometern erreichten wir die Starkenburger Hütte. Die reine Gehzeit betrug 3 Stunden, die Wegstrecke selbst war ein verwurzelter Singletrail.
An der Hütte angekommen empfing uns der Wirt mit der klaren Ansage, dass es hier kein WLAN gäbe – für manche von uns zunächst eine kleine Herausforderung, die sich aber bald als Gewinn herausstellte. Die restlichen Stunden bis zum Abendessen verbrachten wir draußen auf den Bänken, erlebten unseren ersten Sonnenuntergang in den Bergen und übten uns später im Kartenlesen und Spielen.
Tag 2 – Von der Starkenburger Hütte zur Franz-Senn-Hütte
Am zweiten Tag starteten wir gemütlich um 8 Uhr. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, strahlender Sonnenschein begleitete uns. Mit 16 Kilometern, 760 Höhenmetern und rund 6 Stunden Gehzeit war die Etappe recht lang.
Der Weg führte uns zunächst steil aufwärts über Geröll bis zum Joch knapp unterhalb der Schlicker Seespitze, dem höchsten Punkt des Tages. Die darauffolgenden Hänge waren zwar grasbewachsen, aber sehr steil mit Absturzgefahr – hier war Trittsicherheit unbedingt erforderlich. Die Aussicht bot uns an diesem Tag einen funkelnden Bergsee, mehrere Gipfel und ein markante Felstürmchen, die in uns Klettersehnsüchte auslöste.
Die Mittagsrast verbrachten wir auf der Seducker Alm. Gestärkt ging es durch die liebliche Graslandschaft mit zahlreichen Bächlein weiter, bis wir gegen 16:30 Uhr die Franz-Senn-Hütte erreichten. Am Abend übten wir das Einnorden der Karte und das Anpeilen umliegender Gipfel mittels Vorwärtseinschneiden mit Kompass und Karte.
Tag 3 – Von der Franz-Senn-Hütte zur Neuen Regensburger Hütte
Nach einem gemütlichen Frühstück starteten wir um 8 Uhr. Zunächst verlief der Weg moderat ansteigend, ehe wir vor einem großen sich aufsteilenden Geröllfeld die Helme aufsetzten, um uns vor möglichem Steinschlag zu schützen. Nach 636 Höhenmetern Aufstieg trafen wir auf den Grat, an dem wir eine längere Mittagspause einlegten.
Der Abstieg war anfangs steil, wurde aber zunehmend angenehmer. Kurz vor der Neuen Regensburger Hütte schliefen ein paar Schafe direkt auf dem Weg – ein willkommenes Fotomotiv. Gegen 15 Uhr erreichten wir die Hütte. Die reine Gehzeit betrug etwa 5 Stunden.
Am Abend diskutierten wir die Wetterprognose, die nicht günstig war. Nach Rücksprache mit dem Hüttenwirt beschlossen wir dennoch, weiterzugehen. Zwei ältere Wanderer baten uns, sich am nächsten Tag anschließen zu dürfen.
(Hintergrund: Die dritte Etappe zählt zu den längeren und anspruchsvolleren Abschnitten des Stubaier Höhenwegs. Von der Neuen Regensburger Hütte wandert man dem Hohen Moos entlang bis zum Falbesoner See. Danach beginnt der steile Anstieg zum Grawagrubennieder, dem höchsten Punkt des Höhenwegs. Diese Passage gilt als die Schlüsselstelle der gesamten Tour.)
Tag 4 – Über den Grawagrubennieder zur Dresdner Hütte
Um der Schlechtwetterfront zuvorzukommen, starteten wir bereits um 6:30 Uhr. Anfangs verlief der Weg sanft, doch bald begann der eigentliche Anstieg über große Felsblöcke und gesicherte Passagen mit Stahlseilen. Wir waren guter Dinge und freuten uns, endlich mal etwas kraxeln zu dürfen. Außerdem bestaunten wir das Eis, das sich direkt unter dem Schutt befand, und eine steile, etwa 10 Meter hohe Abschlusskante bildete.
Mit dabei waren die beiden älteren Wanderer, die sich uns am Vorabend anschließen wollten. Wir hatten im Vorfeld diskutiert, ob wir uns dadurch rechtlich in eine „Garantenstellung“ begeben würden. Wir hatten die beiden allerdings bereits in der Hütte darauf hingewiesen, dass wir für sie keine Verantwortung übernehmen könnten. Zum Glück erwiesen sich die beiden als absolut fit; sie brauchten uns gar nicht und konnten auch gut unser Tempo mitgehen.
Nach rund 1.000 Höhenmetern erreichten wir den Grat am Grawagrubennieder – die Schlüsselstelle des Stubaier Höhenwegs. Leider blies dort ein starker Wind, sodass wir uns sofort wärmer einzogen und zügig an den Abstieg machten. Nach weiteren 1.200 Höhenmetern im Abstieg glaubten wir, es geschafft zu haben – doch dann wartete noch ein letzter Anstieg vorbei an einer alpinen Baustelle über eine breite Schotterpiste zur Dresdner Hütte. Dieses Stück glich einem Mentaltraining: Wie Straßenfeger Beppo (aus dem Roman Momo von Michael Ende) konzentrierten wir uns nur auf das jeweils nächste Stück direkt vor unseren Füßen, schauten nicht nach oben, und so kamen wir leichter voran.
Der Abstieg führte uns durch eine karge, von Felsen und Geröll geprägte Landschaft, die beinahe wie eine Mondlandschaft wirkte. Dabei wurde uns eine wichtige Erkenntnis bewusst: So sieht ein Skigebiet im Sommer aus – die Umgebung war faszinierend in ihrer Rohheit, gleichzeitig aber lag eine eigenartige, fast drückende Stimmung über dem Gelände. Nach insgesamt sieben Stunden Gehzeit und rund vierzehn Kilometern Fußmarsch erreichten wir schließlich die Dresdner Hütte. Dort trafen wir erneut auf die Mädelsgruppe, und wir ließen den Abend in gemütlicher Runde ausklingen, während wir die Erlebnisse des Tages noch einmal Revue passieren ließen.
Tag 5 – Von der Dresdner Hütte zur Sulzenauer Hütte
Am Freitag stand eine kürzere Etappe auf dem Plan. Mit 6,3 km, 460 Höhenmetern Aufstieg und 560 Höhenmetern Abstieg waren wir rund 3 Stunden Gehzeit unterwegs. Der Weg führte vorbei an der Beilspitze, teils ausgesetzt, mit Seilversicherungen und deutlicher Absturzgefahr – Trittsicherheit war auch hier wieder gefordert, besonders bei Nässe. Nach dem Aufstieg wurden wir mit einem Blick zurück auf die Dresdner Hütte und einen riesigen Regenbogen, der sich über das Tal spannte, belohnt.
Der Blick auf den schwindenden Sulzenauferner und den Fernerstube erschütterte uns – die Geschwindigkeit, mit der das Eis zurückgeht, wurde uns eindringlich bewusst. Während einer Pause stärkten wir uns mit Brombeerchips und machten ein Gruppenfoto mit dem Gletscher im Hintergrund. Schließlich erreichten wir die Sulzenauer Hütte, wo uns heiße Schokolade und Kaiserschmarrn stärkten. Abends zog ein Gewitter auf, das die Berge in dramatisches Licht tauchte.
Tag 6 – Entscheidung an der Nürnberger Hütte
Der nächste Morgen begann kalt, nass und neblig. Mit zwei Auf- und zwei Abstiegen wartete eine mühsame Etappe auf uns. Die reine Gehzeit betrug 3 Stunden, doch sie hatte es in sich.
Schon am moderaten Anstieg lag Schneegraupel, die Wege waren oft zu Bächen geworden, und im Schlamm sanken wir stellenweise zentimetertief ein. Auf dem Gletscherschliff und den Rundhöckern war es noch unangenehmer: Jeder Schritt musste mit größter Vorsicht gesetzt werden, und die schlammigen Schuhe machten die ganze Sache noch rutschiger. Die Kälte und Nässe fraß sich trotz Imprägnierung langsam in unsere Schuhe und demoralisierte uns.
Auch am letzten Stück hoch zum Niederljoch gab es ausgesetzte Stellen mit Seilversicherung, doch noch beschwerlicher war der rutschige Abstieg über die nassen Rundhöcker. Teils schoben wir uns wir mit möglichst viel Körperkontakt wie beim Caving am Stein entlang, um Rutschpartien zu vermeiden. Mehrere Teilnehmende rutschten dennoch aus – glücklicherweise ohne Verletzungen, aber mit Schrecken und verbogenen Stöcken. So waren wir alle heilfroh, als sich schließlich unter uns die Nürnberger Hütte auftat, und drängten ins Warme, während sich um uns alles zu einer undurchdringlichen Nebelwand schloss. Wir zogen ehrlich Bilanz und beschlossen, dass wir unter diesen Umständen (einige Teilnehmende hatten Angst, zu stürzen) nicht zur Bremer Hütte weitergehen würden. Also entschieden wir, die geplanten Hütten (Bremer und Innsbrucker Hütte) zu stornieren und zwei Nächte auf der Nürnberger Hütte zu bleiben. Auch die Logistik spielte eine Rolle: Von der Bremer Hütte wäre ein Abstieg mit ÖPNV schwierig gewesen, und unser Zug von Innsbruck nach München musste erreicht werden. Deshalb beschlossen wir, dass an diesem Punkt der Stubaier Höhenweg für uns zu Ende sein würde.
Diese Entscheidung war ein wichtiges Learning: In den Alpen gibt nicht der Mensch, sondern die Natur den Takt vor. Sicherheit und Zusammenhalt sind wichtiger als Ehrgeiz.
Tag 7 – Ein Erkundungstag bei der Nürnberger Hütte
Der nächste Morgen präsentierte sich strahlend klar, keine Spur mehr von Nebel. So nutzten wir den Ruhetag zum Erkunden der Umgebung. Einige wagten sich in einen nahegelegenen Klettersteig, andere wanderten in Richtung der italienischen Grenze, zur Cresta Rossa (3.099 m), und nahmen sogar ein erfrischendes Bad in einem Gletschersee.
Tag 8 – Abstieg nach Ranalt und Heimreise
Am letzten Tag stiegen wir in etwa 2,5 Stunden nach Ranalt ab. Der Weg führte uns durch blühende Almwiesen, vorbei an grasenden Haflingern, Kühen und Ziegen. Wir warfen noch mehrmals unsere Blicke zurück auf die schwindende Schönheit der eisigen Alpenkronen, und waren mit tiefer Dankbarkeit erfüllt, dass sich uns diese wilde, epische, aber auch zerbrechliche Landschaft in so vielen Facetten gezeigt hatte.
Helene Sturm, Sira Rücker, Johanna Busch, Friederike Kriener, Martha Rieger, Jan Franke, Vanessa Weegmann (Autorenteam der JDAV)