Urteil zur Sperrung der „Badener Wand“ – Teilerfolg für den Alpenverein
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteilen vom 29. Juli 2025 das von der Stadt Baden-Baden verfügte Betretungsverbot für den Battertfelsen „Badener Wand“ aufgehoben, soweit es über die Zeit vom 15. Januar bis zum 31. Juli eines jeden Jahres hinausgeht (vgl. Pressemitteilung vom 30. Juli 2025). Nun liegen die Urteilsgründe vor.
Die beklagte Stadt Baden-Baden erließ auf Weisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe am 12. Dezember 2022 eine Allgemeinverfügung, mit der sie für die gesamte im Battert gelegene „Badener Wand“ sowie die darunter befindliche Blockschutthalde bis hin zum Blockschutthaldenweg unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ein ganzjähriges Betretungsverbot aussprach. Erfasst wurde hiervon insbesondere das Klettern. Die Verfügung verschärfte das bereits zuvor seit 19. April 2017 zeitlich und räumlich beschränkt geltende Verbot. Zur Begründung führte die Stadt im Wesentlichen aus, das erweiterte Betretungsverbot sei in Anbetracht des sich verschlechternden Erhaltungszustands der lokalen Population des Wanderfalken geeignet und erforderlich, um Störungen für die Wanderfalken zu reduzieren und dadurch störungsbedingte Brutabbrüche zu verhindern. Die „Badener Wand“ ist ein Teil des nördlich von Baden-Baden gelegenen Battertfelsens, der in einem Naturschutz- und FFH-Gebiet liegt. Seit dem Jahr 2004 wird die „Badener Wand“ vom Wanderfalken (wieder) als Brutplatz genutzt. Bereits seit 1887 wurden der gesamte Batterfelsen und die „Badener Wand“ klettersportlich erschlossen. Aktuell weisen die Battertfelsen 468 Routen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden auf. An der „Badener Wand“ finden sich insgesamt 67 Kletterrouten.
Gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Baden-Baden vom 12. Dezember 2022 haben nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens der Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Alpenvereins e.V., die Sektionen Karlsruhe und Offenburg des Deutschen Alpenvereins und eine Privatperson Klage beim Verwaltungsgerichts Karlsruhe erhoben (6 K 4038/23, 6 K 4328/23, 6 K 4352/23 und 6 K 4480/23).
Aufgrund der am 29. Juli 2025 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat die 6. Kammer die Allgemeinverfügung sowie die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe aufgehoben, soweit das Betretungsverbot über die Zeit vom 15. Januar bis zum 31. Juli eines jeden Jahres hinausgeht. Weitergehende Klagen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.
Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die angegriffene Allgemeinverfügung sei nur insoweit rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten, als sie für die gesamte „Badener Wand“ sowie die darunter befindliche Blockschutthalde bis zum Blockschutthaldenweg auch für die Zeit vom 1. August bis zum 14. Januar eines jeden Jahres ein Betretungsverbot regele. Die Allgemeinverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten. Danach sei es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung vorliege, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtere. Ferner sei es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass das an der „Badener Wand“ ansässige Wanderfalkenpaar als lokale Population zu qualifizieren sei, dessen Erhaltungszustand sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bereits verschlechtert habe. Die Brutdaten zeigten auf, dass der Bruterfolg seit der Wiederbesiedlung des Felsens rückläufig und zuletzt unter den Wert von 0,7 Jungvögel pro Jahr und Brutpaar gefallen sei, welcher zur Populationserhaltung notwendig sei. Die Kammer sah es als hinreichend wahrscheinlich an, dass diese Verschlechterung maßgeblich auf anthropogene Handlungen in der Zeit vom 15. Januar bis zum 31. Juli zurückzuführen sei. Letztlich sei auch seitens der Kläger nicht bestritten worden, dass das an der „Badener Wand“ ansässige Wanderfalkenbrutpaar während der Phasen der Nestgründung, Brut und Aufzucht vor anthropogenen Störungen zu schützen sei. Das zeige nicht nur der Umstand, dass das bereits durch die Allgemeinverfügung vom 19. April 2017 für den westlichen Teil der „Badener Wand“ in der Zeit vom 15. Januar bis zum 31. Juli eines jeden Jahres statuierte und in der Folgezeit zudem auf freiwilliger Basis räumlich in Richtung Osten erweiterte Betretungsverbot von einem breiten Konsens der betroffenen Interessenträger getragen worden sei. Allerdings sei es trotz der früheren begrenzten Verbotsregelung zu vom Menschen verursachten Störungen der sensiblen Phasen der Nestgründung, Brut und Aufzucht gekommen. Demgegenüber sei jedenfalls vor dem Jahr 2023 kein Uhupaar im Bereich der „Badener Wand“ ansässig gewesen. Ob bereits seit dem Jahr 2023 oder erst ein Jahr später ein im Bereich der „Badener Wand“ ansässiges Uhupaar zu verzeichnen sei, könne dahinstehen. Denn selbst ein seit dem Jahr 2023 dort brütendes Uhupaar könne augenscheinlich nicht den bereits bis 2022 eingetretenen verschlechterten Bruterfolg des Wanderfalken verursacht haben. Durch die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch anthropogene Handlungen maßgeblich verursachte Verschlechterung des Bruterfolgs werde außerdem der dortige Brutstandort als Fortpflanzungsstätte des Wanderfalken beschädigt.
Entgegen der Auffassung der Kläger sei – so die Kammer – die angegriffene Allgemeinverfügung mit der Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Naturschutzgebiet „Battertfelsen beim Schloss Hohenbaden“ vom 30. Juni 1981 und der Bannwald-Verordnung „Battert“ der Forstdirektion Freiburg vom 4. Juni 2002 vereinbar.
Soweit zur Durchsetzung der tatbestandlich einschlägigen Zugriffsverbote des Artenschutzrechts mit der Allgemeinverfügung vom 12. Dezember 2022 für die Zeit vom 15. Januar bis zum 31. Juli eines jeden Jahres ein auf die gesamte „Badener Wand“ einschließlich der darunter befindlichen Blockschutthalde bezogenes Betretungsverbot statuiert worden sei, sei das den Behörden eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt worden. Das für die Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli ausgesprochene Betretungsverbot schränke aus Gründen des Artenschutzes das Interesse der Kläger an einer ganzjährigen Sport- und Freizeitnutzung der „Badischen Wand“ verhältnismäßig ein. Dies gelte auch für die mit der angegriffenen Verfügung im Vergleich zur Verfügung vom 19. April 2017 ausgesprochene räumliche Ausweitung des Verbots auf den östlichen Teil der „Badener Wand“.
Soweit jedoch die streitgegenständliche Allgemeinverfügung über die Zeit vom 15. Januar bis zum 31. Juli eines jeden Jahres hinaus ein Betretungsverbot für die „Badener Wand“ festsetze, sei sie ermessensfehlerhaft. Denn es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass anthropogene Handlungen in der Zeit vom 1. August bis zum 14. Januar eines jeden Jahres im vom Betretungsverbot umfassten räumlichen Bereich den verschlechterten Bruterfolg des Wanderfalkenpaares maßgeblich verursacht hätten. Störungen des Wanderfalken in den relevanten Phasen der Herbstbalz und Winterruhe wirkten sich nicht in gleicher Weise auf den Bruterfolg aus wie in den sensibleren Nestgründungs-, Brut- und Aufzuchtphase. Insofern fehle es bereits an einer hinreichenden Aufklärung des Ausmaßes und Störungspotentials anthropogener Handlungen durch die Beklagte und das Regierungspräsidium. Ein Betretungsverbot in dieser Zeit sei daher nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig.
Das ganzjährige Betretungsverbot sei auch nicht deshalb erforderlich, weil nur so die zum Beklettern der „Badener Wand“ erforderliche Kletterinfrastruktur dauerhaft entfernt bleiben könnte, wodurch sich eine Umgehung des Betretungsverbots effektiver verhindern ließe. Denn der Rückbau der Kletterinfrastruktur sei nicht effektiver als eine während des zeitlich beschränkten Verbots angebrachte „Verschraubung“ der Kletterhaken.
Die Kammer hatte in der mündlichen Verhandlung zwei Sachverständige aus dem Bereich der Ornithologie zu den entscheidungserheblichen Fragen angehört. Das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, war zum Verfahren beigeladen.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können im Umfang ihres Unterliegens jeweils innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils die Zulassung der Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen. (JH)
Für den Alpenverein stellt dieses Urteil einen erfreulichen Teilerfolg dar. Denn im Ergebnis läuft das Urteil auf die vom Alpenverein vorgeschlagene Lösung einer vollständigen Sperrung der „Badener Wand“ in der Brut- und Aufzuchtzeit der Wanderfalken hinaus, was wiederum hieße, dass zwischen dem 1. August und dem 14. Januar das Klettern an der Wand und das Betreten der Wand (Felsenbrücke) möglich wäre, sofern das Urteil rechtskräftig wird. Die vier Kläger haben bereits signalisiert, dass sie das Urteil akzeptieren. Inzwischen haben das Regierungspräsidium Karlsruhe und die Stadt Baden-Baden verlautbart, dass keine Berufung eingelegt wird. Damit sind die Urteile seit 10.10.2025 rechtskräftig.
Rudolf Schübert